“Presidente, Euer Volk hungert! Ihr müsst umgehend für mehr Nahrung sorgen!” – So, oder so ähnlich, schallte es beim ersten Tropico-Teil aus dem Lautsprecher. Eine Aufforderung, die selbst nach all den Jahren noch hängen geblieben ist. Vielleicht liegt es daran, dass sie mit einem unverwechselbaren spanischen Akzent gesprochen wurde, vielleicht aber auch daran, dass das Tropico-Konzept zeitlos ist.
Der Akzent ist mit Penultimo geblieben, aber die Versionsnummer ist inzwischen auf 5 angestiegen. Zum dritten Mal erschien Tropico nun unter der technischen Ausführung von Haemimont Games aus Sofia. Gut so, denn die Bulgaren haben wieder ein erstklassiges Spiel abgeliefert. Vieles ist ähnlich wie beim Vorgänger Tropico 4, aber es gibt einige vordergründige und auch unscheinbare Neuerungen. Allem voran stehen zwei Eigenschaften des Spiels. Zum einen spielt man erstmals nicht nur einen Diktator, sondern eine ganze Dynastie von der Kolonialzeit bis zur Moderne. Zum anderen ist Tropico 5 der erste Teil der Reihe, der mit einem Mehrspielermodus für bis zu vier Spieler aufwarten kann. Doch vorsicht, abspeichern kann man die Partien nicht.
Ein Schritt nach dem anderen
Die neu zu erobernde Insel ist zur Kolonialzeit kaum erforscht. Dichte Nebelschwaden ziehen über Hügel, Täler und um Palmen herum und sie können nur durch Expeditionstruppen gelichtet werden. Die gibt es glücklicherweise per se im Präsidentenpalast. Zu Beginn hat man jedoch erstmal genug damit zu tun, dass bisschen entdeckte Land stabil zu bewirtschaften. Dazu kann man wie bei den Vorgängern Farmen und Plantagen bauen, Landhäuser oder Villen platzieren und für das leibliche und seelische Wohl seiner Bewohner in Form von Missionen oder Tavernen zu sorgen.
Das alles kostet Geld, aber wer sich die Zustimmung des Volkes erhalten will, sollte immer auf dessen Stimme achten. Andernfalls endet die erste Wahl vielleicht in einem Debakel. Nicht alles erscheint dabei aber logisch. So kann man sich manche Leerstände von Wohnungen und Villen nur schwer erklären, wenn dagegen Elendsviertel aus dem Boden sprießen. Man sollte kurze Warenkreisläufe anstreben, denn die Tropicaner lieben ihre Siesta und hassen lange Anfahrtswege zur Arbeit.
Orchester der Philosophien
Ein weiteres klassisches Problem steht der ewig währenden Präsidentschaft im Wege. Wie üblich konkurrieren die unterschiedlichsten Ideale auf der kleinen Insel: Großkriminelle, Kommunisten, Kapitalisten, Militaristen, Umweltschützer und so weiter. Natürlich kann man diese Gruppierungen für kurze Zeit ruhig halten, wenn man deren Anführer verbannt, diekreditiert oder gar ermordet, eine langfristige Lösung besteht aber ausschließlich einer ausgewogenen Politik. Wenn die Fundamentalisten einigermaßen zufrieden sind, kommt es nicht zu Aufständen. Das zu schaffen ist allerdings so gut wie unmöglich, ohne dabei alles andere zu vernachlässigen.
Wenn der Aufruhr kommt, durchstreifen eine oder mehr Gruppen von Rebellen das Inselparadies und greifen eines Ihrer Gebäude an. Jetzt sollte man genügend Wachtürme, Kasernen und Militärbasen haben. Wachtürme haben einen bestimmten Radius der Verteidigung, Kasernen liefern Infantrie und aus den Militärbasen rollen schwere Panzer. Eine gute Mischung ist bei der Niederschlagung hilfreich, eingreifen kann man dabei allerdings kaum.
Aus eins mach vier
Der Mehrspielermodus, der zum ersten Mal in dieser Serie zu finden ist, kann wohl allenfalls als rudimentär bezeichnet werden. Es gibt nur die Möglichkeit zusammen oder gegeneinander auf einer Insel anzutreten und das Abspeichern einer Partie ist grundsätzlich nicht möglich. So sollte man sich entweder auf mehrere Stunden Spielzeit am Stück einstellen, oder besonders zielgerichtet und schnell planen und bauen. Der Vorteil: Um Diplomatie mit anderen Spielern braucht man sich nicht zu kümmern, denn die gibt es erst gar nicht.
Fazit
El Presidente macht alles richtig. Tropico 5 ist kein langatmiges Aufbauspiel mit unendlichen Tabellen. Es ist actiongeladen, schön anzuschauen und wer bei den lateinamerikanisch anmutenden Rhythmen nicht zumindest ein wenig mit dem Fuß wippt, ist vermutlich gehörlos. Nicht nur Fans der Serie finden in Tropico 5 ein fesselndes Spiel mit vielen Optionen und einem atemberaubenden Flair. Zugegeben, manche Zusammenhänge sind nicht immer offensichtlich und der Mehrspielermodus ist eher als rudimentär zu bezeichnen, aber der Rest brilliert.
Antwort hinterlassen
Du musst angemeldet sein, um einen Kommentar abzugeben.