Es schien ein ungeschriebenes Gesetz zu sein. Spielereihen siedeln sich mit jedem neuen Titel chronologisch in der Weltgeschichte an. Das ist bei Assassin’s Creed so, bei Call of Duty und bei Battlefield. Obwohl, halt. Battlefield bricht diese Regel, denn der aktuelle Titel wandert vom Kampf mit modernsten Waffen zurück in den Krieg aller Kriege: Den Ersten Weltkrieg. Darum heißt es auch Battlefield 1 und ist bildgewaltig, wie man es aus der Serie kennt. Dice bringt aber weitere Neuheiten in ihren jüngsten Spross ein. So ist die Kampagne etwa keine durchgehende Geschichte von Anfang bis Ende des Krieges, sondern ein Sammelsurium aus packenden Kurzgeschichten aus verschiedenen Perspektiven. Mit dem neuen Modus Operationen dringt zudem auch ein wenig Einzelspieler in den Mehrspielermodus ein.
Action hui, Technik pfui
Natürlich ist hier die Technik der Waffen gemeint. Im Ersten Weltkrieg suchte man präzise Automatikwaffen vergeblich und auch schweres Gerät wie Panzer oder Flugzeuge war eher unhandlich und wenig erprobt. Ganz authentisch ist man es bei Battlefield 1 nicht angegangen, so dass man durchaus im Schnellfeuermodus die Gegner ausschalten kann, während man von einer Deckung zur nächsten hechtet. Die Realität sah damals etwas anders aus, aber wir reden hier ja auch über ein Spiel. Dice und EA versuchen, mit der Kampagne die Sinnlosigkeit des Krieges darzustellen. Die Darstellung zahlreicher Verluste – als Spieler stirbt man im Prolog bewusst mehrere Male – und der Verzicht auf wehende Union Jacks und Marschmusik soll für eine neutrale Sicht auf den Wahnsinn des Krieges sorgen. Leider wurde aber versäumt, den Achsenmächten ein ähnlich menschliches Antlitz zu verleihen wie den Alliierten. Einen deutschen Soldaten spielt man zum Beispiel nicht. Man hat eher das Gefühl, dass diese Seite als gesichtsloses Kanonenfutter in grausigen Flammenwerferrüstungen die dunkle Seite der Macht darstellen. Schade, ein weniger klares Feindbild hätte den Wahnsinn des Krieges noch deutlich besser veranschaulichen können.
Dennoch, die Inszenierung könnte packender nicht sein. Ob man einen Panzer durch Feindgebiet lenken muss oder schleichend den Weg für den Koloss bahnt, langweilig wird es nie. Die Einzelspielerkampagne ist dabei in sechs Kriegsgeschichten aufgeteilt. Die Geschichten haben aber nichts miteinander zu tun. Sie erzählen blitzlichtartig abgeschlossene Geschichten der jeweiligen Protagonisten, etwa in Frankreich oder im Osmanischen Reich. Das Geschehen ist kein genreüblicher Schnellschuss, sondern zeigt auch hin und wieder beklemmende Situationen fernab des massenhaften Abschlachtens von Feindeshorden. Trotzdem, die meiste Zeit leeren wir unsere Magazine mit Dauerfeuer und vollbringen heldengleiche Taten – wie gesagt, nur auf Seiten der Alliierten und der Entente.
Licht, Schatten und Rauch, Explosionen, herumfliegende Teile und eine bombastische Soundkulisse. All das sorgt für eine unglaublich dichte und aufgeladene Atmosphäre. Besonders drastisch: Viele Gebäude und Hindernisse sind zerstörbar. Wenn die Schlacht in einem beschaulichen französischen Dorf beginnt, endet sie meist in einem einzigen riesigen Trümmerhaufen. Hier heißt es, immer in Bewegung bleiben und neue Deckungen suchen. Positiv für das Gameplay ist, dass nicht die Grabenkämpfe so sehr im Vordergrund stehen, wie es tatsächlich im Krieg der Fall war. Andernfalls hätte das Spiel eine Menge Actionpotential zugunsten historischer Korrektheit eingebüßt.
Gemeinsam sind wir stark!
So gut die Kriegsgeschichten auch sind, der Fokus der meisten Battlefieldspieler liegt auf dem Mehrspielermodus. Die Karten dafür sind großzügig und bieten viele Wege zum Ziel. Hart umkämpfte Flaschenhälse wurden dabei weitestgehend vermieden, indem alternative Routen eingebaut wurden. Mit dem neuen Modus Operationen streiten sich etwa zwei Fraktionen (Angreifer und Verteidiger) und insgesamt bis zu 64 Spieler um strategische Areale auf bis zu zwei Karten. Die Spielmodi Rush, Team-Deathmatch, Conquest, Domination und Kriegstauben ergänzen das Mehrspielererlebnis. Neben den üblichen Waffen und Fahrzeugen wie Pferde, Panzer, Boote und Flugzeuge können die Kombattanten je nach Karte und Fraktion auf Panzerzüge, Schlachtschiffe und Zeppeline, den so genannten Behemoths, für die Eroberung zurückgreifen. Das sind beeindruckende Erlebnisse, sowohl als Fahrzeugführer als auch als derjenige, der sich davor in Schutz bringen muss. Übermächtig sind die schweren Geräte jedoch nicht. Jedes von Ihnen hat mindestens einen Schwachpunkt, den man kennen sollte.
Mit Bonuskisten kann man sein Arsenal aufrüsten und erweitern, auch mit seltenen Waffen. Die Motivationskurve fällt dank freischaltbarer Möglichkeiten durch Fortschritt nicht ab. Dabei spielt es keine Rolle, ob man einen Sanitäter, Versorger, Aufklärer oder Sturmsoldaten spielt. Jeder kommt auf seine Kosten: Sanitäter beleben wieder, Versorger reparieren Fahrzeuge, Aufklärer markieren feinde und Sturmsoldaten zerstören Fahrzeuge. Dazu gibt es noch den Piloten und den Panzerfahrer. Das sind zwei Spezialklassen, die man automatisch annimmt, wenn man in ein entsprechendes Fahrzeug steigt. Sie haben den Vorteil, Ihr Fahrzeug von innen reparieren zu können. Dafür haben sie für den offenen Kampf außerhalb ihres Vehikels einen schlechteren Stand als normale Klassen. In Battlefield 1 sollte man darauf achten, seine Klasse ihren Fähigkeiten entsprechend zu spielen. Das erhöht nicht nur den Spielspaß, sondern gibt auch deutlich mehr Punkte. Außerdem sind die Behemoths viel schneller zu besiegen, wenn man im Team zusammenarbeitet.
Fazit
Battlefield 1 schießt sich an die Spitze. Mit mutigen Entscheidungen bezüglich des Szenarios und dem Inhalt der Kampagne, neuen Modi, Behemoths und einer sensationellen Grafik lassen Dice und EA alle Konkurrenz hinter sich. Das Spiel macht Spaß, fordert heraus und hat sogar weniger und verschmerzbarere Bugs als die Vorgängerversionen. Zugegeben, dass die Entwickler sich bei der Kampagne nur auf die Entente und die Alliierten konzentriert hat, ist mutlos. Entscheidend für ein Battlefield dürfte aber der Mehrspielermodus sein. Und der ist grandios gelungen!
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